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Nachlass


...oder der Fehler eines Lebens - Das Testament?!



Das Vermögen, das im wesentlichen aus dem Nachlaß des Vaters stammte, war nach dem Krieg gesperrt und wurde 1958 freigegeben. Plötzlich war Lilia Busse, die in den Jahren nach 1945 in ungewohnt ärmlichen Verhältnissen lebte, eine wohlhabende Frau geworden. In der "Berliner Morgenpost" ist später von 90.000 DM in Wertpapieren die Rede. Nun wollte sie in eine schöne Neubauwohnung ziehen, die ihr ihre Freundin, Ana Maria Scharff in der Steglitzer Albrechtstraße 48 besorgt hatte. Hier wollte sie sich nun ohne finanziellen Druck der Malerei widmen. Die Ereignisse um den Einzug, die wie bereits am Ende de Biografie beschrieben, endeten, bleiben etwas unklar. Eine Zeitzeugin, die ab 1955 Kontakt zu Lilia Busse hatte, erinnert sich in einem Gespräch im Jahre 1984, daß bei ihrem Einzug in die Wohnung, die aus einem großen und einem kleineren Zimmer bestand, überraschend noch kein Wasser angeschlossen und noch keine Schlößer vorhanden waren. Es gab eine Auseinandersetzung mit dem Hauswart, der sie zunächst am Einzug hindern wollte. Dann einigte man sich, sich für die Nacht einzurichten. Sie hatte alles geordnet und den Schrank eingeräumt. Ihre Bilder befanden sich im großen Zimmer, daß als Atelier genutzt werden sollte. Sie muß sich sehr zu Herzen genommen haben, daß der Einzug solch einen schlechten Anfang nahm. Am nächsten Morgen lag Lilia Busse regungslos vor ihrem Bett. Sie wurde in ein Lichterfelder Krankenhaus gebracht, wo am 3.September 1958 um 14.30 Uhr nur noch der Tod festgestellt werden konnte. Vermutliche Todesursache war Herzversagen.
Bestattet wurde sie auf dem bereits in der Einleitung erwähnten Parkfriedhof Lichterfelde. Das Grab befindet sich in der Abteilung 13c und hat die Nummer 37. Wer seinerzeit die Beerdigung veranlaßte, ließ sich weder bei der Friedhofsverwaltung noch im Gedächtnis von Frau Scharff ausmachen.
Jetzt tauchte im wahrsten Sinne des Wortes das 1942 niedergelegte Problem TESTAMENT auf, in dem die Reichshauptstadt Berlin zum Erben bestimmt wurde. Wesentlicher Teil des Inhalts soll lt. Morgenpost gewesen sein, daß ihre im Nachlaß befindlichen 150 Bilder in einer Dauerausstellung gezeigt werdenund im Gegenzug das Vermögen für den Bau eines Säuglingsheims verwendet werden sollte, was schon 1958 davon nicht zu bestreiten war. Der Neubau eines Säuglingsheims hätte ungefähr eine halbe Million DM gekostet. Da Lilia Busse (laut Morgenpost Lydia Busse) seit Kriegsende im Bezirk Steglitz wohnte, hatte plötzlich das Bezirksamt das Problem mit den Bildern und die Freude mit dem Geld am Hals.Es gab den Vorschlag, die Bilder in etlichen Rathauszimmern aufzuhängen, um damit die Bedingung der öffentlichen Darstellung zu erfüllen, da man das Geld im Bezirk zur Erweiterung und Renovierung von Kleinkinderheimen sehr gut gebrauchen könnte. Das Rechtsamt sollte prüfen, ob man das Testament entsprechend auslegen könne. Der Inhalt einer damaligen Stellungnahme durch das Rechtsamt ist nicht mehr bekannt.
Nun äußerte sich der seinerzeitige Westberliner Kultursenator. Prof.Dr.Joachim Tiburtius, Wirtschaftsprofessor, der sich in der Nachkriegszeit durch Organisation und Beschaffung von Heizmaterial für die Bevölkerung verdient gemacht hatte. Er riet der Stadt, das Erbe abzulehnen. Uta Lehnert zitiert in ihrem Buch: "Die Begutachtung der in Westberlin befindlichen Gemälde und Zeichnungen hat ergeben, daß diese völlig ungeeignet für eine Ausstellung...sind"(Akat.1984).
Mir ist nicht bekannt, ob hier ein Gutachten vorlag und wenn ja, von wem. Könnte das auch nur die Privatmeinung von Prof.Tiburtius gewesen sein? Sagte er sich vielleicht: "Oh weh, die furchtbaren Bilder der bekloppten Alten aus der Nr.14?" Ich weiß nicht, ob der Senator Lilia Busse persönlich kannte. Er wohnte in der Hortensienstr.12, sie in der Nr.14. Die Häuser liegen jedoch weiter auseinander, als man zunächst vermutet, da die Enzianstr. zwischen den Hausnummern die Hortensienstraße kreuzt. Es wäre also auch denkbar, daß er sie nicht kannte. Ich weiß schließlich auch nicht, wer drei Häuser weiter von mir wohnt. Die Stadt und somit das Bezirksamt Steglitz nahm das Erbe dennoch an. Das Geld soll wohl, nach einem Zeitungsbericht, zwei Säuglingseinrichtungen zugegangen sein und ie Bilder befinden sich in der Galerie in der nach ihr benannten Busseallee in Zehlendorf.

Schön wäre es gewesen! In der nach dem Schriftsteller Carl Hermann Busse (Pseudonym Fritz Döhring) genannten Straße gibt es keine Galerie und die meisten Leute denken, der Straßenname käme daher, weil dort so viele Busse an der Endhaltestelle stehen.
Die Bilder befanden sich wohl zuerst bei einer Spedition und landeten dann auf dem Boden des alten Steglitzer Rathauses, wo sie bald in Vergessenheit gerieten und dem Verfall preigegeben waren. Lilia Busses Nachlaß war bis 1982 vergessen. Ana Maria Scharff, eine 30 Jahre jüngere Berliner Freundin, die Lilia Busse unmittelbar nach dem Krieg kennenlernte, ist es zu verdanken, daß die Werke widerentdeckt wurden und eine Ausstellung über 25 Jahre nach Lilia Busses Tod geplant wurde. Hierzu mussten die Bilder, die ausgestellt werden sollten, aufwendig restautiert und konserviert werden. Hieran hat sich Frau Christiane Altmann verdient gemacht. Vom 25.Mai bis zum 20.Juni 1984 wurden 79 Bilder (22 Ölgemälde, 9 Aquarelle und 48 Zeichnungen) in zwei Etagen des Bürohochhauses in der Schloßstraße gezeigt. 1988 folgte anläßlich Lilia Busses dreißigsten Todestages eine Widerholung der Ausstellung von 1984. Der Katalog wurde erneut aufgelegt und nur mit einem neuen Grußwort versehen. Diese Ausstellung fand in der Kommunalen Galerie Steglitz statt, wie nun die Ausstellungsräume in der 25.Etage des Steglitzer Kreisels hießen.
Im Jahre 1996 folgte vom 8.Mai bis zum 16.Juli im Gutshaus Steglitz (auch als Wrangelschlößchen oder richtiger als Beymeschlößchen bekannt) die Ausstellung des Kulturamtes Steglitz "Emanzipation und Konvention". Hier erschien ein Begleitheft mit Forschungsergebnissen aus dem Vorfeld der Ausstellung. So war der Vater auf einmal Ingenieur in Moskau und nicht mehr Botschaftsrat in St.Petersburg. Wie sich herausstellte hatte er an führender Position mit der Elektrifizierung Moskaus zu tun. Mutter Luise Müller, in Darmstadt geboren, schien nun auch keine Ungarin mehr zu sein. Leider ist nicht mehr festzustellen, ob die vormaligen Angaben von Lilia Busse nach der Ansiedlung in Berlin, nach dem Verweis aus Rußland als feindlichae Ausländer 1914 stammten.
Diese Ausstellung wurde von einer, ehemals in der Schöneberger Motzstraße ansässigen, Kunsthändlerin gesehen, die auch über ein aus dem Antiquariat erstandenen umfangreichen Bestand an Aquarellen und Zeichnungen von Lilia Busse verfügte. Frau Ana Maria Scharff berichtete mir, daß diese Frau Maria Dietl-Beissel in Großjena, einem Teil von Naumburg in Sachsen-Anhalt, Gutshaus mit Ferienwohnungen und Kunsthandel betreibt. Nach Ende der Berliner Ausstellung lieh sie sich vom Kunstamt Zehlendorf einige Bilder aus, die sie mit Bildern aus eigenen Beständen in einer Ausstellung vom 20.10.bis 17.11.1996 zeigte.
Anfang August 2011 nahm ich Kontakt zu Frau Dietl-Beissel auf und sah mir ihre umfangreichen Bestände (über 200 Werke) an. Ende September fotografierte ich die Lilia-Busse-Bilder und versuche sie zu inventarisieren.

Lilia Busses Persönlichkeit ist außer Teilen ihres Werkes, was sich auf den Nachlaß, Frau Dietl-Beissels und meine Sammlung, sowie auf Bilder, die auf Auktionen verkauft wurden praktisch nicht mehr zu erfassen. Außer meinem Ölgemälde von 1947 "Mädchen mit rotem Spielzeugelefanten" sind mir auch keine Bilder aus der Nachkriegszeit bekannt. Man weiß, bis auf die beiden erwähnten Ausnahmen, nicht wer zu ihrem Bekanntenkreis zählte, noch kennt man ihre Freizeitaktivitäten der letzten Jahre. Trank sie vielleicht Noris-Weinbrand oder Heinrichs Löwen-Gin, rauchte sie Juno oder Overstolz vom Rhein? Was hörte sie gerne im Radio? Vielleicht die "Pension Spreewitz" mit Ewald Wenck als Opa und Edith Handtke als Tochter Gisela, Die "Insulaner" oder gar im RIAS die "Schlager der Woche" mit Fred Ignor, wozu dann teilweise der Genuß des Noris unausbleiblich wäre. Konnte sie überhaupt am kulturellen Leben teilhaben, da sie weitgehend von Krediten des Sozialamtes ihren Lebensunterhalt bestritt? Wahrscheinlich spielte eine gewisse Scham aufgrund ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse eine Rolle, daß sie, soweit bekannt , praktisch keinen Kontakt mit anderen Berliner Malerinnen unterhielt, obwohl sie seit 1953 wieder in jedem Jahr Bilder ausstellte. Ich weiß es nicht und will damit sagen, daß ich nicht mal vermuten kann, ob Lilia Busse eine zugängliche, nette Malerin war oder mehr das Format "dusslige Kuh", wie Ekel Alfred zu sagen pflegte. Wen beschuldigte sie eventuell für ihre jetzige finanzielle Situation? Wir lassen hier nochmals die Zeitzeugin aus dem Gespräch von 1984 zu Wort kommen. Zur Zeit der Bekanntschaft war Lilia Busse sehr minderbemittelt, was man ihr auch ansah. Sie wird auch als überaus kluge, sehr gebildete und kunstverständige Frau mit sehr viel geistigem Verkehr (was immer darunter zu verstehen ist), geschildert, womit man die Vermutung "dusslige Kuh" wohl glücklicherweise streichen muß.

Der Nachlaß scheint sich auch etwas reduziert zu haben. Ihre Spanischen Tagebücher , aus denen sie in den frühen 50er Jahren in der Stadtbücherei Steglitz vorlas, sind nicht mehr vorhanden. In einem Nachlaß befinden sich in der Regel Briefe und privater Schriftverkehr, sowie auch Fotos. Wenn nicht in Alben, dann wenigstens lose. Hiervon ist nichts mehr vorhanden. Das einzige bis vor kurzem bekannte Foto von ihr stammt aus dem Berliner "Nachtexpress" vom 4.6.1946. Frau Scharff hat die Fotokopie eines Fotos, das Lilia Busse ihrer inzwischen verstorbenen Hamburger Freundin Lieselotte Graehner, lt.Katalog von 1996, bzw.Gräner, lt. Signatur Lilia Busse, 1948 widmete. Davon ausgehend, daß es im Sinne Lilia Busses ist, veröffentliche ich hier dieses Bild erstmalig.
Hatte der als Nachlaßverwalter eingesetzte Rechtsanwalt zu gründlich ausgemistet, da er kein öffentliches Interesse an Leben und Werk Lilia Busses erwartete? Zur Anzahl der im Nachlaß vorhandenen Bilder ist schwer eine Aussage zu treffen. Etliche Bilder, die verliehen waren, werden inzwischen mit dem Nachlaß verwahrt. Einzelne Bilder sind noch im Besitz anderer Behörden. Zwei Bilder, von denen Fotos bestehen, die vermutlich von der Restauratorin Michaela Holzheimer im Vorfeld der Ausstellung von 1996 angefertigt wurden, sind bisher nicht auffindbar. Frau Holzheimer starb vor Beginn der Ausstellung und die Fotos gelangten nicht zum Kulturamt Steglitz, sondern befanden sich im Archiv des "Vereins der Berliner Künstlerinnen". Von diesen Fotos wurden mir freundlicherweise Kopien gefertigt, die ich dann auch an das Steglitz-Zehlendorfer Kulturamt weitergab.
Den Autorn von von "Emanzipation und Konvention", Martin Schöfeld, Sabine Weißler, Christian Rehse und Michaela Holzheimer sei an dieser Stelle für umfangreiche Nachforschungen, die zu neuen Erkenntnissen führten, gedankt, obwohl mehr offene Fragen als gefundene Antworten blieben. Es scheint mehr als zutreffend, wenn Christian Rehse seinen Artikel mit "Es hat sich aber gerade im Umgang mit den Gemälden und der Recherche nach Daten zu Lilia Busse gezeigt, das ein früherer, sorgsamerer Umgang mit dieser Materie den Beteiligten heute unendlich viel Mühe, Zeit und Kosten gespart hätte."
Inzwischen ergab sich die Gelegenheit, die Lagerstätte des künstlerischen Nachlasses im Beisein der Leiterin des Kulturamtes Sabine Weißler und des Mitarbeiters Stefan Martinkat anzusehen. Diese befindet sich glücklicherweise nicht mehr auf dem Rathausboden sondern ist nach einiger Wanderschaft in einer Außenstelle gelandet. Dieses Treffen hinterließ bei mir einen erfreulichen Eindruck. Nicht nur, daß die Bilder trocken und lichtgeschützt gelagert sind. Ich hatte inzwischen auch die Ölbilder von denen keine Fotos bestanden fotogafiert und fühle mich auch durch den persönlichen Kotakt inzwischen zum Thema Lilia Busse akzeptiert, was vorher, lediglich durch den Austausch von Emails mir nicht so recht erschien. Ich gehe davon aus, daß ich von dort, im Rahmen der Möglichkeiten, auch weiterhin Hilfe erhalten werde. Nachdem ich Kontakt mit der inzwischen 88-jährigen Frau Ana Maria Scharff aufgenommen habe, fand auch bei mir in meiner kleinen Galerie ein Treffen mit Frau Scharff und Frau Weißler statt, wozu Frau Scharff einige Unterlagen mitgebracht hatte.

Zu für mich neuen Erkenntnissen und Unterlagen, wie schon oben erwähnt, führten auch Treffen im Jahre 2009 mit der sehr kooperativen Frau Aurélie Vincent , der Leiterin des Archivs des Vereins der Berliner Künstlerinnen 1867 e..v.Für die mir gewährte Einsicht in die Unterlagen mußte sie ertragen, von mir gnadenlos zum Thema Kunst zugetextet zu werden.

Die Fotos zeigen das Haus Albrechtst.48 am 1.Mai 2011, das Titelbild des Katalogs von 1984 mit dem Ölbild "Sinnende Frau" von 1921 und das erwähnte Bild von Lilia Busse mit Widmung aus dem Jahre 1948.

Ich hoffe, mit dieser Homepage etwas dazu beizutragen , daß Lilia Busse nicht in völlige Vergessenheit versinkt.

WO SIND SIE GEBLIEBEN???DIE BILDER VON LILIA BUSSE, DIE NICHT IN IHREM NACHLASS WAREN, BESONDERS AUCH DIE BILDER VON 1937 BIS 1958!!! BITTE BEI MIR MELDEN!!!